Wo kommt die Honigbiene ursprünglich her?
30 Millionen Jahre bevor die ersten Menschen Feuer machten, gab es sie schon hier auf unserer Erde. Sie überstanden Eis- und Warmzeiten und verbreiteten sich über nahezu alle Kontinente bis heute aus: Die Völker der Honigbienen (apis mellifera).
Ursprünglich lebten sie hoch in Baumhöhlen, manchmal auch unter geschützten Felsen. Im Sommer mit über 50.000 und im Winter noch mit 10.000 Individuen, leben sie in einer demokratisch geführten Organisation als soziale Gemeinschaft fest an einem Ort. Vor wenigen tausend Jahren trafen erste Steinzeitmenschen, tief in den gefährlichen Wäldern, auf wild lebende Bienenvölker. Mit etwas Glück und Mut gegen die Stiche der Bienen entnahmen sie hoch in Baumhöhlen Teile des süßen Honigs aus den Bienenwaben. Neben Körnern, Beeren und tierischem Eiweiß war der Honig eine besondere Köstlichkeit und gesunde Stärkung.
In den Hochkulturen der Ägypter, Griechen oder Römer wurden Bienen hoch verehrt, und ihre Lebensweise war vielfach Vorbild für die menschliche Gesellschaft.
In den letzten rund 200 Jahren wurde verstärkt ein wachsender Anteil aller Bienenvölker in eine von der Imkerschaft vorgegebene Lebenswelt geholt (erst in Klotzbeuten, dann in Bienenkörbe, heute überwiegend in Magazinbeuten)
Wie lebt die Biene heute?
Heute werden allein in Deutschland rund eine Millionen Bienenvölker imkerlich verwaltet und nur noch ein kleiner Anteil von ihnen leben in natürlicher Selektion frei in den Wäldern. Bienen suchen sich geschützte Baumhöhlen mit ausreichend dicken Wänden, sammeln den in der Blütezeit eingetragenen Energievorrat in Form von Honig. Ohne diesen Vorrat können sie Kältephasen der Wintermonate nicht überleben, sie erfrieren.
Zunehmend junge Menschen sind von Bienenvölkern fasziniert, nicht wegen des zu erwartenden Honigs, sondern aus Interesse und Engagement der Natur gegenüber. Die wundersamen Wesen und ihre Schlüsselrolle im Naturgefüge wollen sie besser verstehen und auch erleben.
Besonders in den letzten Jahren werden ihre ursprünglichen Lebensbedingungen erkannt und ein tieferes Verständnis für das „Säugetier aus vielen Körpern“ (Tautz) und die Zusammenhänge in der Natur wächst.
Was ist ein Bienenvolk?
Das gesamte Bienenvolk ist das Tier.
Dies ist recht merkwürdig, denn ein so vieltausendfaches Zusammenleben ist auch bei anderen Insekten nicht die Regel. Jede einzelne Honigbiene ist auch zwar für sich allein überlebensfähig, ihre Spezialisierung ist jedoch so ausgeprägt, dass Bienen nur in der Gemeinschaft langfristig überleben können.
Doch woraus muss ein Volk bestehen, damit es als Ganzes überlebt?
Neben der großen Anzahl von Individuen müssen in einem überlebensfähigen Bienenvolk drei verschiedene Bienenwesen vorhanden sein und als ein gemeinsames Volk miteinander kooperieren:
- Zunächst die vielen hundert oder gar tausend „normalen“ Bienen, die weiblichen Arbeiterinnen, oft mit gelben oder rötlichen Pollen an ihren Beinen, die, wohl von den Blüten kommend, bei Sonnenschein im Frühjahr emsig ins Nest einfliegen.
- Einige von ihnen sind jedoch etwas dicker und größer, haben längere Hinterbeine und auffällig große Augen; dies sind die männlichen Tiere, die Drohnen. Von ihnen gibt es im Frühjahr und im Sommer einige hundert bis wenige tausend in einem Volk.
- Das einzige eierlegende, weibliche Wesen des Bienenvolkes, die Königin (die Weisel, wie sie von den Imkern genannt wird), bekommt man selbst bei stundenlanger Beobachtung am Einflugloch nicht ein einziges Mal zu Gesicht.
Das Volk ist das Tier
Bildtext: Die drei Wesen im Volk, Königin, männliche Drohnen und Hilfsweibchen (Arbeiterinnen) bilden mit dem Wabenwerk zusammen ein Superorganismus, den Bien.
Welche Bedeutung haben Bienenwaben für die Bienen?
Die tiefe Bedeutung der Bienenwaben für die Funktion des Organismus wurde in der Vergangenheit unterschätzt: Als Wohnraum, Speicherplatz, Brutstätte, Sinnesorgan, Kommunikations-, Gedächtnis- und Immunsystem ist das Wachsgerüst keine Umwelt, sondern integraler Bestandteil des Volkes.
Wie vermehren sich Honigbienen?
Die wundersame Vermehrung über die Teilung des Volkes (àSchwarm) nennt Jürgen Tautz: „die vermehrte Unsterblichkeit“.
Im Vergleich zu solitär, also einzeln lebende Wildbienen, sind Honigbienenvölker bei ihrer Suche nach Nektar und Pollen Generalisten. Mit einer Reichweite von mehr als 3 km sammeln sie auf über 30 km² rund um ihr Zuhause Energie: Eiweiß von vielen Blüten und das Harz von Bäumen (Propolis). bei der Bestäubung von Obst- und Gemüse, von Wild- und Nutzpflanzen tragen sie eine Schlüsselrolle. Ohne Honigbienen (in Zusammenarbeit mit Wildbienen u.v.a. Bestäuber-Insekten) würden kaum Obst- und nur wenige Gemüsearten Früchte bilden können.
Was ist der Unterschied zur Wildbiene?
Weltweit leben heute 20 000 bis 30 000 Bienenarten in fast allen Klimazonen der Erde. Viele werden immer noch neu entdeckt, klassifiziert und erstmalig beschrieben. Viele Menschen sind erstaunt, dass es neben der allseits bekannten Honigbiene so viele andere Bienenarten gibt, deren vielfältiges Aussehen und deren Lebensweise sich von der staatenbildenden Honigbiene so sehr unterscheiden.
Den Begriff Wildbiene nutzte erstmalig 1791 der Insektenforscher J. L. Christ für die vielen Bienenarten, die zwar verwandt mit der Honigbiene sind, aber keine Lobby wie diese haben (da für den Menschen nicht profitabel). Ihre vielfältigen Lebensräume, Vermehrungsstrategien, Nahrungsquellen oder Nistplätze sind daher kaum erforscht. Bei manchen Arten sehen diese wilden Verwandten der Honigbiene täuschend ähnlich, andere sind viel kleiner und gleichen eher geflügelten kleinen Ameisen oder parasitieren bei denjenigen, denen sie ähneln. Sie bauen Zellen, sammeln Nektar und Blütenstaub und befruchten in Kooperation mit ihren hoch organisierten Verwandten die mannigfaltige Welt der Blütenpflanzen, teilweise hoch spezialisiert auf eine einzige Blütenart, oft in eigenartigen Lebensweisen und -formen. Die Aktions- und damit Sammelradien betragen dabei oft nur wenige Hundert Meter.
Jedes Weibchen sorgt nach der Befruchtung allein für die Unterkunft und die Nahrung genau seiner Nachkommen, ohne sie jemals nach dem Schlupf zu Gesicht zu bekommen. Sie bauen ihre Nester im Freien unter Ästen, in leeren Schneckenhäusern, legen in hohlen Gängen ihre Nachkommen ab oder graben in Böden Gänge, an deren Enden die Eier sich, mit Futter versorgt, entwickeln.
Abb.: Brutfürsorge und Brutpflege von solitär bis hoch eusozial