Aus dem Archiv – Welttag des Buches
Der Welttag des Buches wird zum Anlass genommen sich besonderen Beispielen aus dem Buchbestand des Stadtarchivs zu widmen.
Sind Bücher an sich schon so etwas wie kleine mobile Archive, weil in ihnen Ideen, vor allem aber Wissen niedergeschrieben und gespeichert, und somit verwahrt wird, stellen sie auch auf zweierlei Arten einen nicht unerheblichen Teil des Bestandes eines Archivs dar. Zum einen als Teil der sich ständig erweiternden Präsenzbibliothek, die den BesucherInnen des Archivs vor Ort für ihre Forschung zur Verfügung steht, zum anderen als Archivalien selbst. Dabei werden sie unter dem Begriff Rara (lat. rarus ‚selten‘, ‚vereinzelt‘) von der Präsenzbibliothek gesondert verwahrt und im Bestand verzeichnet. Bei den Büchern unter dem Begriff Rara handelt es sich meist um besonders alte oder seltene Bücher, sowie Erstausgaben bestimmter Publikationen.
Im Bestand des Stadtarchivs Bad Honnef befinden sich eine Reihe von Erstausgaben des Dichters und Philologen Karl Simrock (1802-1876), die vor kurzem aus der Stadtbücherei ins Archiv übergeben worden sind. In Bonn geboren, wurde Simrock nach seinem Jurastudium an der Bonner Universität vor allem wegen seiner Übertragung mittelalterlicher Texte und Gedichte aus dem Mittelhochdeutschen ins Neuhochdeutsche, sowie der Nacherzählung nordischer Mythen bekannt. Nach dem Tod seines Vaters erbte er einige Ländereien, zu denen auch das Weingut am Menzenberg in Selhof gehörte. Dies nutzte er als Sommerresidenz und baute dort 1840 sein eigenes Wohnhaus, das aufgrund Simrocks Übersetzung des Nibelungenliedes als Haus Parzival bezeichnet wird. Simrock empfing dort viele bekannte Persönlichkeiten, zum Beispiel die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm.
Seine Übersetzungen veröffentlichte Simrock auch in Form einer 13-bändigen Reihe, den Deutschen Volkbüchern. Im Stadtarchiv Bad Honnef befindet sich eine besondere Variante der Erstausgabe der deutschen Volksbücher aus dem Jahr 1864. Wie auf dem Foto zu erkennen, sind die Exemplare in einem einfachen blauen Einband gebunden. Dies ist ein sogenannter Interims-Einband, ein vorläufiger Einband, durch den die KäuferInnen die Möglichkeit hatten, die Bände nach ihrem eigenen Geschmack (z.B. passend zu den anderen Büchern ihrer Bibliothek) binden zu lassen. Aus diesem Grund sind auch die Seiten der Bücher am oberen Ende, dem Oberschnitt, noch nicht aufgeschnitten. Da für Bücher immer größere Papierbögen bedruckt werden, die durch zusammenfalten dann den Buchblock bilden, müssen die Seiten eines Buches nach der Bindung aufgeschnitten werden, sodass sich einzelne Seiten ergeben. Bei der Erstausgabe der Volksbücher im Stadtarchiv handelt es sich demnach noch um ein Zwischen-, und nicht um das Endprodukt.
Wie ein Buch als Endprodukt zur Zeit von Simrock ausgesehen hat, veranschaulicht die Erstausgabe der Lieder der Minnesänger von 1857. Die Vergoldung des Unter-, Vorder-, und Oberschnitts des Buches, sowie die vergoldete Bildprägung auf dem Vorderdeckel machen es zu einem besonderen Exemplar von hoher Qualität.
Das älteste Buch im Rara-Bestand des Stadtarchivs ist eine Ausgabe ausgewählter Geschichten aus dem Leben des alttestamentarischen Königs David von 1671. Das Buch mit dem langen lateinischen Titel David, Virtvtis Exercitatissmiae probatum Deo spectaculum, ex Dauidis, Pastoris, Militis Ducis Exsulis ac Prophetae exemplis wurde bereits 1597 von dem spanischen Theologen und Orientalist Benedictus Arias Montanus (1527-1598) verfasst. Die Ausgabe im Stadtarchiv stammt aus der Bibliothek des Pfarrers, Bibliothekar und Historikers Franz Xaver Trips (1630-1696). Dieser war ab 1670 Pfarrer in Honnef und für die Stadtgeschichte von besonderer Bedeutung. 1673 gelang es Trips eine Verwüstung Honnefs durch französische Truppen im sogenannten Holländischen Krieg durch geschickte Verhandlungen abzuwenden. Ob er sich für diese Verhandlungen an den Geschichten des Königs David orientierte, ist nicht bekannt. David wird aber nicht nur der Mut zum Kampf nachgesagt, wie es die Geschichte des Kampfes gegen den Riesen Goliath verdeutlicht, sondern er soll auch in der Lage gewesen sein aufgrund seines Talentes im Singen Menschen und sogar wilde Tiere beeinflussen zu können. Bevor Franz Xaver Trips die Franzosen dazu überreden konnte die Stadt Honnef zu verschonen, wurde er jedoch von ihnen misshandelt und große Teile seiner Bibliothek und Schriften wurden verbrannt. Umso erstaunlicher ist der gute Erhaltungszustand des Buches aus der Bibliothek von Trips. Einzig der Ledereinband mit aufgedrucktem kleinem Medaillon, umrahmendem Flechtband mit Palmetten in den Ecken und Lilien auf dem Buchrücken, hat im Laufe der Zeit durch klimatische Einflüsse zu einer leichten Verwerfung des Buches geführt.
Gerade dieses Beispiel aus dem Bestand des Stadtarchivs verdeutlicht, wie wichtig Archive sind, damit die Geschichte(n) nicht verloren geht/ gehen. Durch das Zusammenspiel von Objekten, wie beispielsweise der Bücher, und dem Wissen, das in den Archiven für folgende Generationen bewahrt und an sie weitergegeben wird, bleibt die Vergangenheit lebendig.
© Stadtarchiv Bad Honnef